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Klaus Glahn

deutscher Judoka und Judofunktionär
Geburtstag: 23. März 1942 Hannover
Klassifikation: Judo
Nation: Deutschland
Erfolge/Funktion: Olympiazweiter 1972
WM-Zweiter 1967, 1969, 1971
Europameister 1963, 1968, 1970
ehem. Präsident des Deutschen Judo-Bundes
(von Sept. 1985 bis Sept. 1988)

Internationales Sportarchiv 04/1998 vom 12. Januar 1998 (fh)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 09/2020


Auf der Judomatte scheute der Schwergewichtler Klaus Glahn keinen Zweikampf, auch im Privatleben zeigte sich der Niedersachse stets selbstbewußt. Daß er letztlich zuviel wollte an Ruhm und materiellem Gewinn, kostete ihn 1988 den Posten des Präsidenten des Deutschen Judo-Bundes (DJB). Wegen Unregelmäßigkeiten in den Spesenabrechnungen verurteilt, verlor er auch seinen Managerposten beim Volkswagenkonzern. Ungebrochen, so wie schon nach seinen seltenen Niederlagen in seinen Kämpfen, startete der Olympiazweite von 1972 eine neue berufliche Karriere als Repräsentant von großen Sportartikelfirmen.

Laufbahn

Klaus Glahn repräsentierte in den Sechziger- und Anfang der Siebzigerjahre neben den Niederländern Anton Geesink und Wim Ruska den Aufstieg des europäischen Judo; diese brachen die traditionelle japanische Vorherrschaft, indem sie sich durch intensives Training im Mutterland mit deren Physis und Psyche vertraut machten. So brachten sie dem Judosport großes Renommee in der Öffentlichkeit. "Halbgötter in Weiß" hat man sie sogar genannt. Der ihm eigene Durchsetzungswille führte Klaus Glahn schnell an die Spitze seiner Gewichtsklasse, jener über 93 kg. Noch ehe er zum ersten Male Deutscher Einzelmeister wurde (1965), stieg er 1964, als Judo in Tokio erstmalig auf dem olympischen Programm stand, zum Bronzemedaillengewinner auf. Er hatte das Glück, in dem Koreaner Han Ho San einen ähnlich eisenharten Bundestrainer zu finden. "Ihm habe ich viel zu verdanken", sagte er einmal. Auf sieben deutsche Einzeltitel summierte sich national seine Sammlung bis zum Jahre 1973, insgesamt kam er 16mal zu Meisterehren.

Nach dem großen olympischen Einstand und der ersten Europameisterschaft des Jahres 1963 in Genf holte sich Glahn auch 1968 in Lausanne und 1970 den EM-Titel im Schwergewicht, 1970 in Ostberlin mußten sie zu seiner großen Genugtuung die ungeliebte westdeutsche Nationalhymne spielen. Die Lehrjahre in Japan zahlten sich aus: "Judo in Japan ist Arbeit und knüppelhart. In Tokio wird jeder Kämpfer gequält. Vor allem natürlich wir Europäer. Wer aber in Japan besteht (die hören im Training erst auf, wenn der Gegner bewußtlos am Boden liegt), der hat die Meisterprüfung dieser Sportart bestanden." Mit halben Sachen gab sich Glahn nicht ab: "Der stets austrainierte Athlet kann sich ausgeben bis zur völligen Erschöpfung."

Solcher Trainingseifer verhalf Klaus Glahn 1967 in Salt Lake City in der Allkategorie und 1969 in Mexico City im Schwergewicht bei den Weltmeisterschaften zum zweiten Platz, 1971 in Ludwigshafen war er nahe daran, im WM-Finale im Schwergewicht endlich auch den schier unbezwinglichen Willem Ruska niederzuringen, verlor aber knapp. In der Offenen Klasse wurde Glahn 1971 noch WM-Dritter, ebenso wie bereits 1964 in Tokio und nachher nochmals 1973 in Lausanne im Schwergewicht. Als Höhepunkt seiner Karriere dürfte die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1972 in München gelten, als ihm erneut Ruska den Weg an die Spitze verstellte. Zu den drei Europatiteln kommt noch der Mannschafts-EM-Titel 1967.

Früh schlug Klaus Glahn die Trainerlaufbahn ein, von 1970 an betreute er als "Kampftrainer" das Leistungszentrum Wolfsburg. Mit dem VfL wurde er von 1967 bis 1978 dreimal Deutscher Mannschaftsmeister, sein Amt als Honorar-Bundestrainer ab 1975 verlor er 1976, um 1977 wieder eingesetzt zu werden. Seinen Ehrgeiz übertrug Glahn später auch auf die Funktionärslaufbahn. Im Juni 1985 übernahm er vom zurückgetretenen Klaus-Jürgen Schulze die Führung des DJB, im September wurde er vom außerordentlichen Verbandstag gewählt. 1982 war er schon zum Verbandsvize unter Schulze aufgerückt, in dem Jahr, als er als zweiter Vorsitzender zum Präsidenten des Niedersächsischen Judo-Verbandes gewählt worden war. Später wurde er noch Vizepräsident der Europäischen Judo-Union (EJU).

Glahns Präsidentschaft im DJB währte nur drei Jahre, von 1985 bis 1988. Wegen Doppelabrechnung von Fahrtspesen beim DJB und bei seinem Arbeitgeber VW mußte er zurücktreten; besonderes Schuldbewußtsein trug er nicht zur Schau. Der fragliche Wagen sei ihm für seine zwischenzeitliche Tätigkeit als Manager von Eintracht Braunschweig (1985) sowie als Leiter des Olympiastützpunktes Hannover (1987/88) von VW überlassen "und außerdem auch das Recht eingeräumt worden, ihn privat zu nutzen". Allerdings durfte Glahn auch noch bei allen Niederlassungen kostenlos tanken, rechnete die Kilometer aber beim Verband ab.

Informationen und Meldungen zum weiteren Fortgang der Karriere siehe Journal

Persönliches

Der Elektromeister Klaus Glahn brachte es beim Volkswagenkonzern bis zu einem Managementposten im Sozialwesen. Der 1,87 m große und gut 100 kg schwere Athlet ging seinen Weg sportlich wie privat stets sehr zielstrebig. Seine auf Nebenerwerb ausgerichtete Art kostete ihn schließlich auch seinen Posten bei VW. Glahn fand aber schnell beim Sportartikelhersteller adidas ein neues Auskommen und arbeitet seit April 1997 für die Firma Romika in Marketing und Vertrieb. Er ist Vater einer Tochter und eines Sohnes, der Sohn spielt Fußball.

Fußball spielt Glahn auch als Fünfzigjähriger noch in seiner Freizeit, in seiner Aktivenzeit war er auch im Rugby für Hannover-Linden aktiv. Immer noch hält er Judolehrgänge ab. Glahn erklärte jedoch, er würde sich einem anderen Sport zuwenden, wenn er sich noch einmal entscheiden könnte, etwa dem Tennis- oder Radsport. Als Hobbys nennt er die Inline-Skates oder das Schwimmen.

7. Juni 2009: Klaus Glahn kandidiert bei der Europawahl für die Rentnerinnen und Rentner Partei (RRP). Der frühere Weltklasse-Judoka ist seit November 2008 Mitglied der Partei und tritt als Spitzenkandidat an.

Karriere in Zahlen

Erfolge

Olympische Spiele:

1964: Bronze Schwergewicht
1972: Silber Schwergewicht

Weltmeisterschaften:

1964: Bronze Allkategorie
1967: Silber Allkategorie
1969: Silber Schwergewicht
1971: Silber Schwergewicht
Bronze Allkategorie
1973: Bronze Schwergewicht

Europameisterschaften:

1963: Gold Schwergewicht
1968: Gold Schwergewicht
1970: Gold Schwergewicht

Mannschafts-EM:

1967: Gold
1968: Bronze

Deutsche Meisterschaften:

Sieger 1965, 1966, 1968, 1969, 1970, 1972, 1973

Journal

Ergänzungen aus MA-Journal. Die nachfolgenden Meldungen werden bei der nächsten redaktionellen Bearbeitung in den Text integriert.

26. Oktober 2008: Der Rechtsausschuss des Deutschen Dan-Kollegiums schließt Klaus Glahn und andere Vorstandsmitglieder der Landesgruppe Niedersachsen wegen vereinsschädigenden Verhaltens aus.

Dezember 2015: Der DJB-Ehrenrat zeichnet u. a. die Judokas Klaus Glahn mit dem dritthöchsten Meistergrad, dem 8. Dan, sowie Regina Sigmund und Marko Spittka jeweils mit dem 6. Dan aus.

Februar 2020: Am Rande der Judo-Weltmeisterschaften in Tokio wird Klaus Glahn mit dem roten Gürtel (9. Dan) ausgezeichnet.



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