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Christian Lacroix

französischer Modedesigner
Geburtstag: 16. Mai 1951 Arles
Nation: Frankreich

Internationales Biographisches Archiv 34/2010 vom 24. August 2010 (se)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 39/2023


Blick in die Presse

Herkunft

Christian Marie Marc Lacroix wurde am 16. Mai 1951 in Arles, Frankreich, als Sohn eines Ingenieurs geboren und wuchs weitgehend bei seinen Großeltern auf.

Ausbildung

Schon als Kind an Zeichnen und Mode interessiert - L. entwarf u. a. Kostüme für Theateraufführungen von Laienspielgruppen - studierte er nach dem Abitur am Lycée Fréderic Mistral in Arles drei Jahre an der Universität von Montpellier Kunstgeschichte und Kostümkunde. 1973 kam er nach Paris, um sich an der École du Louvre zum Museumskurator ausbilden zu lassen und an der Sorbonne seine Dissertation über die Kleidung in Gemälden des 17. Jahrhunderts zu schreiben. Die Begegnung mit Françoise Rosensthiel, der "Frau seines Lebens", die L. sein "kritisches Auge" nennt, weckte sein Interesse an Mode. Die extravagante Frau war damals als Beraterin bei Hermès tätig. Nach einer gemeinsamen New York-Reise 1978 und dem Besuch des Modemuseums im Metropolitan Museum of Art stand sein Entschluss, Modedesigner zu werden, fest.

Wirken

Zurück in Paris, zeigte L. seine Entwürfe u. a. Karl Lagerfeld, Tarlazzi und Marc Bohan bei Dior und wurde von ihnen ermutigt. Noch 1978 machte Frau Rosensthiel L. mit Jean-Jacques Picart, Berater großer Modehäuser und Förderer junger Modetalente, bekannt, der ihm zunächst eine Assistentenstelle bei Hermès vermittelte und ihn dann mit dem Modedesigner Guy Paulin zusammenbrachte. Zwei Jahre arbeitete L. als Assistent bei Paulin, wo er neben Stoffauswahl und Farbzusammenstellung auch in das Entwerfen und Kalkulieren von Kollektionen eingewiesen wurde. 1981 unterzeichnete L. einen Vertrag mit dem japanischen Couturier Jun Ashinda, für den er Prêt-à-porter-Kollektionen entwarf, und gewann im Nov. 1981 die Ausschreibung für die Stelle des Chefmodellisten bei Jean Patou, einem renommierten Couture-Haus, bei dem auch Karl Lagerfeld zu Beginn seiner Karriere gearbeitet hatte.

Vorsichtig begann L., den Stil des Hauses zu erneuern und mit fantasievollen, unkonventionellen Ideen neue Kundinnen zu gewinnen. Anfangs glaubte man an eine Persiflage der hohen Schneiderkunst, wenn L. seine Mannequins in grandiosen Hüten, geschnürten Belle-Époque-Schuhen, in Mini-Reifröcken aus Samt, Seide und Brokat, gerafften und gebauschten Ballonröcken aus großen floralen Drucken oder wie exotische Theaterpuppen in Spitzenroben mit abstehendem "Cul de Paris" (Gesäßpolstern) auf den Laufsteg schickte. Doch schnell wurden seine Modelle kopiert, und mit der Verleihung des "Goldenen Fingerhuts" 1986 für die schönste, kreativste, eleganteste Haute-Couture-Kollektion hatte L. endgültig den Durchbruch geschafft. Kurz darauf wurde der Chefdesigner des Hauses Patou in Amerika zum besten ausländischen Modeschöpfer des Jahres 1986 gewählt.

Im Jan. 1987 verließ L. Patou, was eine juristische Auseinandersetzung nach sich zog. Bernard Arnault, Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH finanzierte L.s Firmengründung, und seine Frau und sein Geschäftspartner Picart unterstützten den Start in seine eigene Haute-Couture-Kollektion. Im April 1987 eröffnete L. seine Ateliers mit 22 Näherinnen in der vornehmen Rue du Faubourg Saint-Honoré, und bereits seine erste, am 26. Juli 1987 in Paris vorgestellte Kollektion – Hommage an seine Heimatstadt Arles und die Camargue – wurde ein triumphaler Erfolg. In der internationalen Presse wurde er gefeiert. Beobachter sahen ein neues Kapitel in der Geschichte der Mode eröffnet. Dieser Erfolg bescherte ihm Kundinnen wie Gloria von Thurn und Taxis und Madonna

Der Aufbau der Marke L. hatte begonnen. Neben seiner Linie "Luxe", die u. a. bei Bloomingdale's, Bergdorf Goodman und Saks Fifth Avenue in New York sowie in seinem Pariser Geschäft angeboten wurde, vertrieb L. seit 1988 Prêt-à-porter-Kollektionen weltweit in zahlreichen Filialen. Sechs Kollektionen jedes Jahr kamen auf den Markt, dazu zahlreiche Accessoire-Linien seit 1989 und Parfüm ("C'est la vie"), seit 1996 auch Jeans.

1990 erhielt L. eine der höchsten Auszeichnungen der Modewelt, den sog. Mode-Oscar, das "Goldene Spinnrad" der Stadt Krefeld, das Jahre zuvor u. a. Karl Lagerfeld verliehen worden war. L. habe, so wurde die Jury vom Handelsblatt zitiert, "in die traditionelle Haute Couture mit ihrer verfestigten 'Struktur' Spaß und Leben gebracht. Durch ihn sei farbige Fröhlichkeit in die Mode gekommen" (2./3.10.1990).

L., der so schnell wie vor ihm kein anderer Modeschöpfer den Aufstieg zum Star der Szene geschafft hat, legte 1993 seine Memoiren mit dem Titel "Pieces of a Pattern. Lacroix by Lacroix" vor. Darin wird deutlich, dass Paris nicht sein Zuhause ist, sondern sein Arbeitsplatz. Wohl fühlt er sich, das kommt auch in seinen opulenten, reich verzierten, oft goldbestickten Roben zum Ausdruck, in seiner – vom Stierkampf und südländischer Folklore bestimmten – südfranzösischen Heimat. "Kleider müssen Kostüme sein", zitiert er in seiner Autobiographie seinen Großvater mütterlicherseits, der ihn stark beeinflusst hatte. "Mode oder Kostümierung? Lacroix verwischte den Unterschied", befand das Hamburger Abendblatt (29.9.1990). DER SPIEGEL (15.2.1993) bezeichnete ihn als "Recycling-Virtuose auf einem Parforceritt durch die Mode der letzten drei Jahrhunderte".

Neben seinen Kollektionen schneidert L. auch immer wieder Roben für Theaterstücke, Opern und Ballette (u. a. Opéra de Paris, Metropolitan Opera New York, Opéra Comique Paris, Comédie Française, Wiener Staatsoper) sowie für Filme. Und neben seiner eigenen Modelinie war er 2002-2005 auch für die Kollektionen des italienischen Modehauses Emilio Pucci zuständig, das ebenfalls zum Luxuskonzern LVMH gehörte. Als sein Pariser Haus im Juni 2005 von LVMH an die US-Duty-Free-Gruppe Falic verkauft wurde, unterzeichnete er einen neuen Arbeitsvertrag für fünf Jahre. Über den Jahreswechsel 2007/2008, zum 20-jährigen Bestehen seiner eigenen Kollektion, zeigte er unter dem Titel "Modegeschichten" im Pariser Musée des Arts Décoratifs eine Ausstellung mit Mode aus verschiedenen Epochen, "in der man sich", so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (15.1.2008), "bewusst und mit Genuss am Rande von Übertreibungen und Kitsch bewegt".

Der "Träumer der Pariser Modewelt", wie ihn die Fachwelt bezeichnete, wurde Ende Mai 2009 hart von der Insolvenz seines Modehauses, bei dem er noch bis 2010 unter Vertrag stand, getroffen. Der neue Eigner Falic, der 2008 bei einem Umsatz von 30 Mio. Euro einen Verlust von 10 Mio. Euro und einen Schuldenstand von 150 Mio. Euro hinnehmen musste, suchte einen Käufer. Nach Insiderkreisen hatte L.s Modelinie, die mit ihren Damen-Kostümen aus Schleifen, Puffärmeln und Brokatstoffen viel fürs Auge und wenig für die Tragbarkeit bot, seit der Gründung 1987 nie schwarze Zahlen geschrieben und war deshalb 2005 von L.s Gönner Arnault verkauft worden. L., der damals auch seine eigenen Anteile abgegeben hatte, war inzwischen auch als Designer für sein eigenes Unternehmen XCLX tätig. Dessen Kreationen jenseits der Modebranche waren von der Zahlungsunfähigkeit nicht betroffen; so stellte XCLX Uniformen für die Air-France-Besatzung her oder gestaltete Zimmer von Hotels und Abteile des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV. "Dem Ansehen von Christian Lacroix konnte der kommerzielle Misserfolg nichts anhaben", befand die Financial Times Deutschland (29.5.2009). Nachdem zunächst von einer Übernahme durch einen Scheich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten die Rede war, musste das Modehaus dann zum Jahresende 2009 doch die Schließung der Ateliers hinnehmen. Mit der Reduktion von 100 auf lediglich noch 10 Mitarbeiter blieb zwar der Markennamen noch erhalten, wurde jedoch lediglich die Verwaltung der Lizenzverträge für Parfüms und Accessoires fortgeführt.

Der ebenfalls entlassene L. setzte seine Wirken mit dem Entwerfen von Theaterkostümen fort. Im Nov. 2009 hatte er bereits mit seiner Arbeit für die Staatsoper unter den Linden in Berlin begonnen, für die er die Kostüme für die barocke Händel-Oper "Agrippina" entwarf, die am 4. Febr. 2010 ihre Premiere feierte. Der "Agrippina"-Regisseur Vincent Boussard, mit dem L. bereits nach einer ersten Kooperation im Jahr 2003 am Théatre Royal de la Monnaie in Brüssel mehrfach zusammengearbeitet hatte, hatte den Kostümbildner mit ins Ensemble geholt. Die Fachkritik verwies insbesondere auch auf L.s Beitrag für die weitgehend gelobte Inszenierung (vgl. u a. SZ, 7.2.2010).

28. September 2012: In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" berichtet Christian Lacroix von seiner Arbeit als Kostümbildner. 2011 stattete er die "Candide"-Aufführung in der Berliner Staatsoper aus. Auch für die Show "Show Me" im Berliner Friedrichstadtpalast (Premiere: 18.10.2012) entwirft Lacroix die Kostüme.

1. Juli 2013: Christian Lacroix präsentiert bei den Haute-Couture-Wochen in Paris seine Kollektion für die wiederbelebte Marke Schiaparelli. Die Rechte an der von Elsa Schiaparelli (1890-1973) gegründeten Marke hatte 2006 der italienische Unternehmer Diego Della Valle erworben.

Familie

L. lebt mit seiner Frau Françoise Rosensthiel (verheiratet seit 1989) zurückgezogen in Paris. Sie ist das Bindeglied zur Außenwelt für den Designer, der seine Entwürfe in der kleinen gemeinsamen Wohnung im Künstlerviertel Saint-Germain-des-Près zu Papier bringt. Er liebt die Provence und beteiligt sich selten am Pariser Gesellschaftsleben.

Werke

10. November 2013: Premiere an der Alten Oper in Frankfurt: "Ezio" von Christoph Willibald Gluck. Regie: Vincent Boussard. Kostüme: Christian Lacroix. Musikalische Leitung: Christian Curnyn.

21. Dezember 2021: Premiere am Théâtre des Champs-Elysées, Paris: "La vie parisienne" von Jacques Offenbach. Dirigat: Romain Dumas. Regie: Christian Lacroix.

16. Juni 2023: Premiere bei den Musikfestspielen Potsdam: "David et Jonathas" von Marc-Antoine Charpentier. Dirigat: Gaétan Jarry. Regie: Marshall Pynkoski. Kostüme: Christian Lacroix.

22. September 2023: Premiere an der Oper Rouen: "Carmen" von Georges Bizet. Dirigat: Ben Glassberg. Regie: Romain Gilbert. Kostüm: Christian Lacroix.

Literatur

Literatur u. a.: "Pieces of a Pattern. Lacroix by Lacroix", Memoiren (93).

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Goldener Fingerhut (86; 88), Prix Balzac (89), Goldenes Spinnrad (90), Ritter der Ehrenlegion (02); Molière du créateur de costumes (96, für "Phèdre"; 07, für "Cyrano de Bergerac"; beide an der Comédie Française).

Adresse

21 avenue George V, 75008 Paris, Frankreich, Internet: www.christian-lacroix.com



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