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Vivian Naefe

deutsche Regisseurin und Drehbuchautorin
Geburtstag: 21. Juli 1956 Hamburg
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 21/2021 vom 25. Mai 2021 (mf)


Blick in die Presse

Herkunft

Vivian Naefe wurde am 21. Juli 1956 (nach anderen Quellen werden auch die Geburtsjahre 1950 oder 1953 genannt) als Tochter des Kaufmanns Alfred Tanszky und der Schauspielerin Jester Naefe in Hamburg geboren, wuchs aber in den USA und in München auf. Die Mutter erkrankte an Multipler Sklerose und starb 1967 mit nur 42 Jahren. In ihrer Kindheit ging N. häufig ins Kino - ihre Großmutter nahm sie schon als 6-Jährige, überwiegend in Westernfilme, mit (vgl. "Regiebekenntnisse", 2006).

Ausbildung

Als Jugendliche nahm N. erfolgreich an Leichtathletik-Wettkämpfen teil. Nach dem Abschluss der High School in Baltimore/Maryland (USA) 1972 legte N. drei Jahre später ihr Abitur im bayerischen Icking ab. Ihr Berufswunsch war damals Journalistin. 1975-1978 besuchte sie die Deutsche Journalistenschule in München, wechselte dann aber 1978 an die Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München. 1983 schloss sie ihr Studium ab. Ihr Abschlussfilm "Zuckerhut" wurde 1983 in der ARD gezeigt.

Wirken

Anfänge als Journalistin und FilmemacherinBereits während ihres Studiums in München arbeitete N. als Journalistin. 1976-1983 schrieb sie Filmkritiken (u. a. für die Münchner "Abendzeitung") und fertigte Dokumentationen. In den Jahren 1978-1983 moderierte sie außerdem das Fernseh-Magazin "Kino Kino". Seit Abschluss der HFF dreht N. als Regisseurin (teilweise auch als Autorin) eigene Spielfilme und etablierte sich als eine der gefragtesten deutschen Regisseurinnen. Viele ihrer Filme kreisen um außergewöhnliche Frauen in komplizierten Beziehungsgeflechten.

Nach einigen weniger bekannten Produktionen landete sie 1986 mit der deutsch-deutschen Liebesgeschichte "Der Boss aus dem Westen" (nach einem Drehbuch von Klaus Poche) einen Erfolg. Barbara Auer, die eine Kranführerin aus der DDR spielte, wurde mit diesem Film bekannt und erhielt für ihre Rolle die "Goldene Kamera". 1988 entstand die Kinokomödie "Pizza-Express" (1989; auch TV), die auch bei den Hofer Filmtagen gezeigt wurde und bei Presse sowie Publikum gleichermaßen Gefallen fand.

Erfolge im Fernsehen ab den 1990er JahrenMit dem Film "Todesreigen", der 1993 gezeigt wurde, gelang N. nach Meinung des SPIEGEL (17.5.1993) ein "packendes Fernsehspiel". Erzählt wird die Geschichte der 13-jährigen Rebecca, die vor Jahren ihren kleinen Bruder nach einem Unfall verbluten ließ und nun in den Verdacht gerät, für die Morde an anderen Kindern verantwortlich zu sein. "Noch Tage nach der Sendung wollen die kunstvoll irritierenden Momente nicht aus dem Kopf", so schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung (2.5.1993) über die nachhaltige Wirkung des Thrillers.

Einen sensationellen Quotenerfolg konnte N. mit dem Fernsehzweiteiler "Eine ungehorsame Frau" (1997) feiern, in dem Veronica Ferres als Hausfrau mit Mumm Karriere in einem Verlag macht. Auch als Krimi-Regisseurin überzeugte N.: Für den "Tatort - Kleine Diebe" (2000) mit Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl als Kommissarduo bekam sie den Bayerischen Fernsehpreis. Den Adolf-Grimme-Preis 2001 konnte sie für die Komödie "Einer geht noch" einheimsen. Gleich zwei schwierige Themen - Homosexualität und Behinderung - verknüpfte N.s Tragikomödie "Bobby" (2002), der die authentische Geschichte eines jungen Mannes mit Down-Syndrom erzählt (gespielt von dem tatsächlich mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommenen Rolf Brederlow).

2008 zeigte die ARD die von der Kritik sehr gelobte N.-Tragikomödie "Mit einem Schlag", in der Gisela Schneeberger und Peter Simonischek ein Ehepaar spielen, das durch den Schlaganfall und die daraus folgende Amnesie des Mannes die Chance zu einem Neuanfang erhält. "Leicht hätte der Film klamaukhaft und bitter satirisch werden können. Vivian Naefe und ihren Darstellern aber gelingt es, lautere und leisere Töne, witzige und todernste Szenen fein zu balancieren", meinte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (17.9.2008).

TV-Arbeiten in den 2010er JahrenUm einen Schulmediziner (Dominic Raacke) und eine Alternativheilerin (Christiane Paul), die sich ineinander verlieben, ging es in ihrem nächsten Film "Der Doc und die Hexe" (2010). "Unnötig zum Zweiteiler aufgeblasen", fand die Süddeutsche Zeitung (20.9.2010), lobte aber die Komödie sonst als "klug inszeniert". 2012 strahlte das ZDF einen dritten und vierten Teil aus, in dem das ungleiche Paar eine Gemeinschaftspraxis gründet. Der Regisseurin gelinge es vortrefflich, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (17.9.2012), "das Ernste in einem besonderen Ton aufzuheben".

In "Obendrüber da schneit es" (2012) erzählte die Filmemacherin von der Hausgemeinschaft in einem Münchner Mietshaus, die an Weihnachten zusammenfindet. Der ZDF-Film fand einen Marktanteil von 21 %. "Eine Weihnachtsgeschichte, ganz wunderbar im Geiste von Charles Dickens" sah die Frankfurter Allgemeine Zeitung (17.12.2012). "Die Regisseurin mischt sich einen Punsch an, der ziemlich durchsichtig ist, aber dann doch nicht zu süß", schrieb die Süddeutsche Zeitung (17.12.2012). Mit "Was im Leben zählt" zeigte das ZDF 2016 eine Fortsetzung des Erfolgsfilms, wiederum unter der Regie von N. Mit "Balanceakt" (2019) arbeitete N. ein eigenes Kindheitstrauma auf und erzählte von einer Mutter (verkörpert von Julia Koschitz), die an Multipler Sklerose erkrankt. "Sehenswert" befand die Süddeutsche Zeitung (26.8.2019) in ihrer Kritik und meinte weiter, der Film zeige die Krankheit "realistisch mit allen Einschränkungen" und sei doch "ein Film, der tröstet".

Ab 2019 übernahm N. außerdem die Regie der ZDF-Krimi-Reihe "Das Quartett" um ein Leipziger Ermittlerteam, angeführt von Anja Kling als Chefin. Die Auftragsfolge erhielt allerdings gespaltene Urteile, während die Süddeutsche Zeitung (12.7.2019) den Krimi "verquast inszeniert" fand, zählte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (12.7.2019) ihn zu den "ansehnlicheren". In den darauf folgenden Jahren wurde jährlich eine Folge ausgestrahlt.

Kinofilme ab den 1990er JahrenIm Kino war N. deutlich weniger präsent. Den Deutschen Filmpreis erhielt sie 1993 für ihren mit zwiespältigen Kritiken bedachten Film "Meine Tochter gehört mir" um ein Kind, das nach der Scheidung der Eltern - die Mutter ist Deutsche, der Vater Grieche - zum interkulturellen Streitgegenstand wird. 1998 entstand der Kinofilm "2 Männer, 2 Frauen - 4 Probleme!?", der zwar von einigen Kritikern gelobt wurde ("überraschend frische deutsche Filmkomödie"; WELT, 5.3.1998), allerdings nur knapp 100.000 Zuschauer fand. Ab 2005 gelang N. mit der Verfilmung der Cornelia-Funke-Serie "Die Wilden Hühner" hingegen auch im Kino ein großer Publikumserfolg. Die Geschichte um fünf Freundinnen und ihre Banden-Konkurrenten erzählt mit viel Witz von erster Liebe und Alltagssorgen. Bis 2009 kamen zwei Fortsetzungen in die Kinos, ebenfalls unter der Regie von N., der die Fachkritik Leichtigkeit und großes Fingerspitzengefühl attestierte (vgl. u. a. FR, 9.2.2006; film-dienst, 3/2009).

N.s Kino-Verfilmung von Katharina Hagenas Bestseller "Der Geschmack von Apfelkernen" mit Hannah Herzsprung in der Hauptrolle lief 2013 im Kino. Die Inszenierung der Familiensaga, in der vor allem starke Frauen eine Rolle spielen, fanden die Kritiker allerdings wenig inspiriert. Um den Körpertausch eines höchst unterschiedlichen Ehepaares drehte sich N.s nächster Film, die Komödie "Seitenwechsel" (2016), mit Wotan Wilke Möhring und Mina Tander in den Hauptrollen.

Familie

N. hat mit dem Autor Remy Eyssen eine Tochter (Katharina, geb. 1983) und lebt in München. Ihre Tochter spielte 1998 unter der Regie der Mutter in "Eine ungehorsame Frau" mit, studierte dann an der Hochschule für Fernsehen und Film in München Dramaturgie und Spielfilmregie und wurde als Schauspielerin und Drehbuchautorin berufstätig. N.s Lebensgefährte ist seit 1994 der Kameramann Peter Döttling, mit dem sie häufig zusammenarbeitet.

Werke

Filme u. a.: "Zuckerhut" (83; Regie, Buch), "Der Boss aus dem Westen" (85; TV), "Pizza-Express" (88; auch TV, auch Buch), "Eine Frau namens Harry" (90; auch Buch), "Meine Tochter gehört mir" (92; auch Buch), "Todesreigen" (93), "Eine ungehorsame Frau" (98; TV, auch Buch), "2 Männer, 2 Frauen - 4 Probleme!?" (98; auch Buch), "Tatort - Kleine Diebe" (00; TV), "Einer geht noch" (00; TV), "Frauen lügen besser" (2000; TV), "Bobby" (02; TV), "Wellen" (05; TV), "Die Wilden Hühner" (05), "Die Wilden Hühner und die Liebe", "Mit einem Schlag" (08; TV), "Die Wilden Hühner und das Leben" (08), "Der Doc und die Hexe" (10; TV-Zweiteiler), "Papa allein zu Haus" (11; TV), "Obendrüber da schneit es" (12; TV), "Der Geschmack von Apfelkernen" (12), "Einfach die Wahrheit" (13; TV), "Zeit der Zimmerbrände" (14; TV), "Tief durchatmen, die Familie kommt" (15; TV), "Seitenwechsel" (16), "Was im Leben zählt" (16; TV), "Mama geht nicht mehr" (16; TV), "Balanceakt" (19; TV), "Das Quartett" (seit 19; Serie).

Auszeichnungen

Auszeichnungen: Goldene Kamera (88; für "Der Boss aus dem Westen"), Bundesfilmpreis in Gold für "Meine Tochter gehört mir" (93), Bayerischer Fernsehpreis (01; für "Tatort - Kleine Diebe"), Adolf-Grimme-Preis (01; für "Einer geht noch"), Deutscher Fernsehpreis (01; für "Frauen lügen besser").

Mitgliedschaften

Weitere Tätigkeiten: N. ist Dozentin an der Filmakademie Ludwigsburg, der HFF München und der Universität Mainz (seit 98). Sie gehört außerdem zum Hochschulrat der HFF München.

Adresse

c/o Agentur Schlag, Joseph-Haydn-Str. 1, 19557 Berlin, Tel.: 030 3277934, E-Mail: post@schlag-agentur.de, Internet: https://schlag-agentur.de



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