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MUNZINGER Personen

Ian Smith

Politiker in Simbabwe; rhodesischer Premierminister (1964-1979)
Geburtstag: 8. April 1919 Selukwe
Todestag: 20. November 2007 Kapstadt (Südafrika)
Nation: Simbabwe

Internationales Biographisches Archiv 08/2008 vom 19. Februar 2008 (fa)


Blick in die Presse

Herkunft

Ian Douglas Smith kam in Selukwe im damaligen Südrhodesien zur Welt. Er war der Sohn eines aus Schottland eingewanderten Fleischers.

Ausbildung

S. besuchte die Chaplin School im südrhodesischen Gwelo und studierte an der Cecil Rhodes University in Grahamstown/Südafrika Handelswissenschaften. Von 1941 an leistete er Militärdienst bei der Royal Air Force. Als Pilot wurde er im Zweiten Weltkrieg wiederholt abgeschossen, so beim Bombardement italienischer Züge, hielt sich dann mehrere Monate lang hinter den deutschen Linien auf und kehrte schließlich 1946 nach Südrhodesien zurück. Nach Beendigung seines Studiums ließ S. sich als wohlhabender Farmer und Viehzüchter nieder.

Wirken

1948 zog er als Mitglied der von Sir Edgar C. F. Whitehead geführten United Federal Party (UFP) in die Verfassunggebende Versammlung Südrhodesiens ein. 1953, als die Kolonie und die britischen Protektorate Nordrhodesien (später Sambia) und Njassaland (später Malawi) die Zentralafrikanische Föderation bildeten, wurde S. Mitglied des Bundesparlaments. Dort übernahm er die Fraktionsführung der UFP, trat aber 1961 zurück und verließ die Partei, nachdem die weiße Alleinvertretung im Parlament aufgegeben und in der neuen Verfassung erste begrenzte wahlrechtliche Konzessionen an Afrikaner verankert worden waren. Unter dem Druck der nationalen afrikanischen Bewegungen zerbrach im Dez. 1963 die Föderation.

In Südrhodesien unternahmen afrikanische Aktivisten diverse Anläufe, sich in Parteien zu organisieren, stießen jedoch immer wieder auf Verbote. Auf den 1957 wiederbelebten und 1959 verbotenen African National Congress (ANC) unter Joshua Nkomo folgte die National Democratic Party, aus der nach einem erneuten Verbot im Dez. 1961 die von Nkomo formierte Zimbabwe African People's Union (ZAPU) hervorging. Nachdem man im Sept. 1962 auch diese für ungesetzlich erklärt hatte, kam es zur Spaltung. Im Aug. 1963 entstand schließlich die von Ndabaningi Sithole geführte Zimbabwe African National Union (ZANU) mit Robert Mugabe als Generalsekretär.

S. übernahm 1962 als Mitbegründer den Vizevorsitz der rechtslastigen, auf einer strikten Rassentrennung und den Vorrechten der damals noch über 200.000 Weißen beharrenden Rhodesian Front (RF), die er von 1964 bis 1987 führte und die 1981 in Republican Front umbenannt wurde. Bei den Wahlen Anfang Dez. 1962 unterlagen Premierminister Whitehead und die UFP. Als Siegerpartei stellte die RF mit Winston Field den Regierungschef, S. wurde dessen Stellvertreter und Finanzminister.

Am 13. April 1964 folgte S. Field ins Amt des Premierministers nach. Seine Regierung wies die britischen Bedingungen für die Entlassung in die Unabhängigkeit zurück. Darin war auch eine allmähliche Etablierung einer der schwarzen Bevölkerungsmehrheit entsprechenden schwarzen Regierung gefordert worden. Statt dessen ließ S. im Aug. 1964 auch die ZANU verbieten, bevor wenige Wochen später Nordrhodesien als neuer Staat Sambia unabhängig wurde. S. setzte in der Folge Bürgerrechte für Schwarze außer Kraft und ließ Tausende inhaftieren. Nachdem die RF bei den Wahlen im Mai 1965 alle 50 "weißen" Parlamentssitze gewonnen hatte, verhängte S. am 5. Nov. 1965 für ein Jahr den Ausnahmezustand und proklamierte sechs Tage später einseitig die Unabhängigkeit (Unilateral Declaration of Independence - UDI) des Landes, das nach der neuen Verfassung nunmehr Rhodesien hieß. Die britische Regierung verwarf den Akt als illegal und verfügte, von der UNO unterstützt, Wirtschafts- und Handelssanktionen. Diplomatische Anerkennung blieb S.s Regime weltweit versagt, während ZAPU und ZANU den bewaffneten Kampf gegen die Regierung in Salisbury aufnahmen. Zu deren Unterstützung griffen 1967 auch südafrikanische Einheiten in die Auseinandersetzungen ein.

Auf der Grundlage einer neuen Verfassung wurde im März 1970 die Republik ausgerufen, und die RF gewann bei den Wahlen zum neuen House of Assembly - wie danach auch 1974 und 1977 - alle 50 für Weiße bestimmten Mandate (die restlichen 16 Sitze hatte man Afrikanern zugebilligt). Nachdem Ende 1971 der von Bischof Abel T. Muzorewa geführte African National Council (ANC) neu gegründet worden war, um die Kräfte der durch Verfolgung, Inhaftierung ihrer Funktionäre und durch interne Querelen geschwächten oppositionellen Gruppen zu koordinieren, wies die britische Regierung 1972 erneut die von S. vorgelegten Verfassungsentwürfe als für die afrikanische Majorität inakzeptabel zurück. Obwohl er sich weiter weigerte, dem Prinzip "One man, one vote" zuzustimmen, kam es im Dez. 1974 zwischen ihm, ZANU, ZAPU und ANC zu einer ersten Einigung über einen Waffenstillstand, die Entlassung politischer Gefangener und die Durchführung einer Verfassungskonferenz im Jahr 1975. Unmittelbar zuvor waren Sithole und der seit zehn Jahren inhaftierte Nkomo auf freien Fuß gesetzt worden. Mugabe, der sich dem ANC als Dachorganisation mit Muzorewa als Präsidenten widersetzte und mit Sithole um die ZANU-Führung konkurrierte, ging 1975 ins benachbarte Mosambik, von wo aus er Guerilla-Aktionen startete.

Die Verfassungsgespräche zwischen ANC und S.s Regierung im Aug. 1975 scheiterten. Wenig später zerfiel der ANC in neue rivalisierende Gruppierungen, bevor auch die mit Nkomos Fraktion begonnenen Gespräche im März 1976 ergebnislos abgebrochen wurden. Nach intensiven Vermittlungsbemühungen des US-Außenministers Henry Kissinger sowie verschiedener afrikanischer Staaten einschließlich Südafrikas demonstrierte S. im Sept. 1976 Einverständnis mit einer die Bevölkerungsmehrheit repräsentierenden Regierung bis 1978. Wenig später vereinbarten Nkomo und der als ZANU-Chef inzwischen unangefochtene Mugabe die Bildung einer gemeinsamen Patriotic Front (PF), der Anfang 1977 auch die "Front-line"-Staaten Angola, Botsuana, Mosambik, Tansania und Sambia ihre Unterstützung zusagten.

S. wies 1977 zwar britische Vorschläge einer Übergangsregierung weiter zurück, reagierte im Nov. des Jahres auf die Forderungen der PF nach einer unmittelbaren Regierungsübernahme jedoch insofern positiv, als er allgemeine Wahlen zusagte. Im März 1978 willigten Muzorewa, Sithole und Chief Jeremiah Chirau von der Zimbabwe United People's Organization in S.s "interne Lösung" ein, die eine gemischtrassige Übergangsregierung zur Vorbereitung auf die für Dez. 1978 ins Auge gefasste Unabhängigkeit vorsah, von PF und UN-Sicherheitsrat aber strikt abgelehnt wurde. Der neu gebildete Exekutivrat mit S., Sithole, Muzorewa und Chirau versuchte, durch die Freilassung aller politischen Gefangenen eine Befriedung der Situation herbeizuführen, doch die Kämpfe zwischen PF-Guerilleros und Regierungstruppen dauerten an. Der Bürgerkrieg forderte insgesamt schätzungsweise 30.000-40.000 Todesopfer.

Das Wahlrecht war u. a. durch parlamentarische Bestandsgarantien für die weiße Minderheit ergänzt worden, bevor zwischen dem 10. und 21. April 1979 erstmals Wahlen stattfanden, bei denen afrikanische Bürger über ein volles Stimmrecht verfügten. S.s RF sicherte sich alle 20 für Weiße reservierten Sitze, über die allein Nicht-Afrikaner entscheiden durften. Bischof Muzorewas United African National Council (UANC) gewann - unter Boykott der PF - 51 der 72 für Afrikaner bestimmten Mandate, die jedoch dem Votum aller Wahlberechtigten ausgesetzt waren. Am 31. Mai 1979 trat S. als Premierminister zurück, bevor er als Minister ohne Portefeuille Mitglied von Muzorewas "Regierung der nationalen Einheit" wurde.

Auch der neuen Regierung blieb die internationale Anerkennung versagt, die von den Vereinten Nationen verfügten Sanktionen blieben aufrechterhalten. Im Sept. 1979 wurde im Lancaster House in London unter Vorsitz des britischen Außenministers Lord Carrington eine Verfassungskonferenz eröffnet, die im Nov. 1979 mit einem Abkommen endete, das u. a. einen Waffenstillstand und die zukünftige, jedoch auf maximal zwei Legislaturperioden befristete Reservierung von 20 "weißen" Parlamentssitzen beinhaltete. Am 11. Dez. 1979 widerrief das Parlament die einseitige Unabhängigkeitserklärung, löste sich einen Tag später auf, und Muzorewa und sein Kabinett traten zurück. Für die Zeit bis zu Neuwahlen übernahm der britische Gouverneur Lord Soames alle exekutiven und legislativen Vollmachten.

Die Parlamentswahlen vom 27. bis 29. Febr. 1980 brachten für Robert Mugabes ZANU-PF einen mit knapp 63 Prozent der Stimmen und 57 der 80 "schwarzen" Sitze überwältigenden Sieg. Joshua Nkomos ZAPU-PF gewann nur 20 Mandate, Muzorewas UANC musste sich mit den verbliebenen drei Sitzen begnügen, während S.s RF alle für Weiße reservierten 20 Mandate für sich entschied. Am 18. April 1980 erhielt der in Zimbabwe umbenannte Staat seine volle Unabhängigkeit, mit Mugabe als Premier einer wesentlich aus ZANU- und ZAPU-Mitgliedern gebildeten Koalitionsregierung. Fortbestehende Rivalitäten zwischen Mugabe und Nkomo führten im Jan. 1981 zu Nkomos Demontage. Im Febr. 1982 musste er, damals noch entschiedener Gegner des von Mugabe angestrebten Einparteienstaates, die Regierung ganz verlassen.

Auch S. überzog fortan - mit Vorliebe im Ausland - die Politik Mugabes mit scharfer Kritik, der wiederum manche von S.s eigenen früheren Praktiken, etwa die willkürliche Verhängung des Ausnahmezustands, beibehalten hatte. Im März 1982 verließen 13 der 20 Abgeordneten aus Protest gegen S.s fehlende Kooperationsbereitschaft gegenüber Mugabe die RF, der er im Juli 1984 mit der Umbenennung in Conservative Alliance of Zimbabwe (CAZ) ein neues Profil zu verleihen versuchte und die er, um den Popularitätsschwund zu stoppen, für alle Rassen öffnete. Mugabe hatte ihm zuvor den Reisepass entziehen lassen, worauf er im April 1983 britische Papiere erhielt.

Bei den Wahlen im Juni und Juli 1985 gelang S. ein überraschender Erfolg, als die im Parlament auf sieben Abgeordnete geschrumpfte CAZ 15 der 20 verfügbaren Sitze gewann. Mugabe, dessen ZANU ihre Mehrheit auf 64 Mandate ausdehnen konnte, drohte die baldige Abschaffung der "weißen" Sitze an und verwarf die Verfassung von Lancaster House, die diese ohnehin zeitlich begrenzt hatte, als "schmutziges Stück Papier". Im Sept. 1987 setzte eine Verfassungsänderung der Reservierung von Sitzen für Weiße ein Ende. Zuvor, am 2. April 1987, war S. für ein Jahr von allen Parlamentssitzungen suspendiert worden, nachdem er in Südafrika die gegen Pretoria gerichteten Sanktionen als "stupid" attackiert hatte. Am 13. Mai 1987 hatte er auch den CAZ-Vorsitz niedergelegt, bevor er 1988 endgültig aus dem Parlament ausschied.

Seine politische Ära war besiegelt, während es zwischen Mugabe und Nkomo zur Versöhnung kam und beide Parteien sich im Dez. 1988 zur Zimbabwe African National Union - Patriotic Front (ZANU-PF) vereinten. Mugabe, seit 31. Dez. 1987 erster Exekutivpräsident des Landes, übernahm auch den Vorsitz der - unverändert doktrinär-marxistisch orientierten - Partei. Nkomo stieg zwar zum Vizepräsidenten auf, blieb künftig aber ohne nennenswerten Einfluss. Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im März 1990 konnte Mugabe mit knapp 80 Prozent der Stimmen seine Machtstellung festigen. Doch der allseitige Reformdruck auf den Präsidenten, der zunehmend seine einstige moralische Autorität einbüßte, war längst erheblich angewachsen.

Manche glaubten an ein politisches Comeback, als der 74-jährige "Smithy" im Dez. 1993 ankündigte, sechs bis acht Parteien der zersplitterten Opposition vereinen zu wollen, um Mugabe bei den Wahlen 1995/1996 vom Thron stoßen zu können. Mugabe, so S., sei dabei, das Land vollends zu zerstören. Schon im Juni 1992 hatten sich CAZ, Sitholes Splittergruppe ZANU-Ndonga, der in Zeiten Muzorewas mächtige UANC sowie die ZANU-Abspaltung Zimbabwe Unity Movement (ZUM) zur Gruppierung United Parties (UP) zusammengeschlossen. Bei den Wahlen im April 1995 sicherte sich die ZANU-PF jedoch 118 von 120 Sitzen, und die Präsidentschaftsanwärter Muzorewa (als Chef der UP) und Sithole (als Führer der ZANU-Ndonga) zogen kurz vor der Wahl ihre Kandiatur zurück. Mugabe wurde am 16./17. März 1996 mit 92,7 % der Stimmen im Amt bestätigt.

Im Frühjahr 2000 startete Mugabe die - von Gerichten untersagte - gewaltsame Enteignung weißer Landbesitzer (ohne Zahlung von Entschädigungen). Auch S.s über 2.500 Hektar große Farm im Südosten des Landes wurde im Mai besetzt. Er reagierte auf diese Entwicklungen wiederum mit scharfer Kritik an Mugabe, der das Land ins Chaos geführt habe. Das Thema Enteignung benutze der Präsident vor allem, um Rassenhass zu schüren (vgl. SZ, 4.4.2000). Im Vorfeld der Wahlen im Juni 2000 gab es erneut Berichte über ein mögliches Comeback S.s. Bei den Wahlen erreichte die ZANU-PF 62, die Oppositionsallianz Movement for Democratic Change (MDC) 57 der zur Wahl stehenden Sitze (30 Abgeordnete werden vom Präsidenten ernannt).

Zeitlebens zeigte S. keine Reue hinsichtlich seiner rassistischen Politik, die die Rechte der schwarzen Mehrheit ignorierte. Vielmehr verwies er auf die Errungenschaften seiner Regierung und betonte, dass es allen seinen Landsleuten besser gegangen wäre, wenn er an der Macht geblieben wäre. Vielen galt er deshalb als Symbol weißer Arroganz.

Familie

S. war mit Janet Watt (†1994), einer früheren Lehrerin, verheiratet, die zwei Kinder mit in die Ehe brachte. Das Paar hatte einen gemeinsamen Sohn, Alec. 2005 zog der gesundheitlich angeschlagene S. nach Südafrika um. Am 20. Nov. 2007 starb er im Alter von 88 Jahren in Kapstadt an den Folgen eines Schlaganfalls.

Werke

Veröffentlichung: "The Great Betrayal" (97; Autobiographie).



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